TI-SERIE: Episode 4 – Welche TI-Anwendungen sind bisher geplant?

Notebook mit Stetoskop

TI-Anwendungen

Versichertenstammdatenabgleich (VSDM)

Beginnen wir mit der ältesten Anwendung der Telematikinfrastruktur (TI). Das VSDM wurde Anfang 2019 verpflichtend für Arztpraxen eingeführt, die gesetzlich Krankenversicherte behandeln. Für Patient:innen änderte sich grundsätzlich nichts. Die meisten Menschen bemerken nicht einmal wirklich, dass in dem Moment wo sie ihre Versichertenkarte in das Kartenlesegerät der Praxis einführen, ein VSDM stattfindet. Sicher haben sie eine gewisse Vorstellung davon, dass die Medizinische Fachangestellte über ihren Computer gerade in irgendeiner Form ihre Stammdaten abruft. Doch wie und was technisch dort gerade passiert, wissen Patient:innen in der Regel nicht. Und das müssen sie prinzipiell auch nicht!

Konkret passiert jedoch Folgendes: Sobald das Kartenlesegerät auf die Informationen des Chips Versichertenkarte des Patienten zugreift, wird in Echtzeit online der Versichertenstatus abgefragt. Das bedeutet, dass die Praxis zum einen prüft, ob die Patient:innen tatsächlich aktuell bei der Krankenkasse versichert sind, zum anderen wird geprüft ob gewisse Daten, wie z. B. Privatanschrift oder ähnlich noch aktuell sind. Bei Bedarf können diese Informationen direkt auf dem neuesten Stand gebracht werden. Diese Anwendung führen Arztpraxen oder Krankenhäuser einmal im Quartal durch.

Zwar steckten Patienten auch schon lange vor 2019 ihre Versichertenkarten in die Kartenlesegeräte der Praxen. Allerdings handelte es sich technisch damals um einen reinen Offline-Prozess. Das heißt, es wurden lediglich die vorhandenen Daten aus der Karte ausgelesen, jedoch nicht online mit Daten der Krankenkasse abgeglichen.

Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Ursprünglich sollte diese Anwendung bereits Anfang 2021 in ganz Deutschland eingeführt werden. Da jedoch die beteiligten Akteure, wie zum Beispiel Krankenkassen und IT-Dienstleister technisch noch nicht in der Lage waren dies umzusetzen, wurde politisch mit einer Parade von Übergangsregelungen und Fristverschiebungen nachgesteuert. Tatsächlich kam die eAU dann so richtig erst Anfang 2023. Wobei die Worte „so richtig“ mit Vorsicht zu genießen sind. Mittlerweile sind fast sechs Monate seit der Einführung der eAU vergangen. Doch es klappert noch an vielen digitalen Ecken und Kanten in der praktikablen Anwendungen. Die über 100 verschiedenen Softwareanbieter in Deutschland haben in einer extrem schwankenden Qualität die eAU in ihren Systemen umgesetzt. Die Leidtragenden sind die Anwender – also in erster Linie Arztpraxen und Krankenhäuser – die meistens genau solche Bescheinigungen ausstellen. Nicht zuletzt kommt es aber auch aufseiten der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu Stolpersteinen, weil die Daten einer eAU zu großen Teilen deutlich zeitverzögert bei Arbeitgebern ankommen. Dies kann in bestimmten Fällen dann zu Problemen führen, beispielsweise wenn Krankengeld beantragt werden muss. Doch immerhin ist die Anwendung eingeführt. So kann das neue eAU-Verfahren in einen Wartungsmodus beziehungsweise Fehlerbehebungsmodus wechseln. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die aktuellen Probleme in wenigen Jahren der Vergangenheit angehören und nur noch eine blasse Erinnerung sein.

Die elektronische Krankschreibung gehört zu der ersten Massen-Anwendung in der TI. Statistisch werden in Deutschland jährlich etwa knapp 80 Millionen Krankschreibungen bei gesetzlich Krankenversicherten Bürger:innen vorgenommen. Daher war die Einführung dieser Anwendung besonders kritisch, denn dieser Vorgang spielt sich täglich Dutzende Male in vielen Praxen oder Notfallambulanzen ab. Daher war und ist es sehr entscheidend, dass dieser Vorgang reibungslos und von Beginn an funktioniert. Hierbei werden AU-Bescheinigungen nicht mehr an Patienten in Papierform ausgehändigt, sondern über einen speziellen E-Mail-Fachdienst (KIM) von der Arztpraxis direkt an die entsprechende Krankenkasse der Patient:innen übermittelt. Die empfangenden Krankenkassen stellen die eAU-Informationen dann Arbeitgebern digital zur Verfügung. Arbeitgeber rufen die eAU über entsprechende Lohnabrechnungssysteme (automatisiert) ab. Start der eAU war bereits Mitte 2022 in den Praxen. Seit 01.01.2023 müssen Arbeitgeber die eAUs von den technischen Schnittstellen der Krankenkassen digital abrufen.

Wenn Du mehr hierüber lesen möchtest, findest Du einen Blogbeitrag zur eAU hier.

eRezept-App auf dem Smartphone

BIldquelle: @gematik – eRezept-App

Elektronisches Rezept (eRezept)

Die weitaus größere Massen-Anwendung im Vergleich zur eAU ist das eRezept. Laut den Kassenärztlichen Bundesvereinigung werden in Deutschland jährlich etwa 450 Millionen Rezepte ausgestellt. Das eRezept soll insbesondere viele Vorteile für Patient:innen bieten. So kann man das Rezept per Code auf der offiziellen eRezept-App elektronisch erhalten und ganz klassisch bei der Apotheke vor Ort direkt einlösen. Apotheker:innen können mit einem speziellen Gerät den eRezept-Code abscannen und haben alle Informationen auf ihrem IT-System.  Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass App-Nutzer:innen das eRezept an eine Online-Versandapotheke elektronisch weiterleiten. Der dritte Einlöse-Weg wird wohl gerade in den ersten Jahren nach Einführung das mit Abstand gängigste Verfahren sein. Patient:innen können mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) in eine Apotheke gehen. Dort können sie ihre Versichertenkarte in ein Kartenlesegerät stecken. Die Informationen auf der Karte werden ausgelesen und die Apotheker:in findet das entsprechend verordnete eRezept auf ihrem Bildschirm.

Das eRezept gibt es bereits seit 01.01.2022, wird jedoch aktuell nur in wenigen Apotheken und Praxen verwendet. Die verpflichtende Einführung für Ärzt:innen und Apotheker:innen ist für den 01.01.2024 vorgesehen.

Elektronischer Medikationsplan (eMP)

Eine eigentlich schon seit Jahren existierende, bisher jedoch in der Realität kaum gelebte TI-Anwendung ist der eMP. Dieser ist vorwiegend für Menschen gedacht, die beispielsweise chronisch krank sind und regelmäßig Medikamente einnehmen müssen. Bisher verfügen Patient:innen in so einem Fall über einen Papier-Medikationsplan. Ob dieser dann für andere Behandler:innen transparent einsehbar ist, dürfte die Ausnahme sein. Auch Apotheker:innen können seit 2020 Zugriff auf den eMP erhalten, sofern Patient:innen dies gestatten. Doch theoretische Gesetzgebung entspricht an dieser Stelle leider bis heute kaum der Wirklichkeit.

Elektronische Patientenakte (ePA)

Die ePA ist die Königsdisziplin der Digitalisierung von Gesundheitsdaten. Mühselige Anfragen hinsichtlich einer Kopie der eigenen Krankenakten oder Ähnliches gehören damit ein erhebliches Stück weit für ePA-Nutzer der Vergangenheit an. Gesetzliche Krankenkassen bieten seit Anfang 2021 eine ePA für ihre Versicherten an. Patient:innen haben sogar einen Rechtsanspruch auf Befüllung der ePA durch den Behandler. Dies müssen sie jedoch aus eigener Initiative gegenüber den Ärzten äußern. Allerdings ist die Inbetriebnahme der ePA im Vergleich zu anderen digitalen Lösungen sehr aufwendig. Dies liegt jedoch keineswegs an den Krankenkassen, sondern ist insbesondere den enormen Sicherheitsauflagen geschuldet. Dies ist einer von mehreren Gründen, weshalb Krankenkassen die ePA nur sehr zurückhaltend bewerben. Der befürchtete Supportaufwand wäre für die Krankenkassen enorm. In der Folge besitzen bis heute gerade mal 0,4 Prozent aller gesetzlich Krankenversicherten eine ePA. Das bedeutet, dass diese Bürger:innen sich die ePA zumindest ordnungsgemäß eingerichtet haben. Ob diese eingerichtete ePA auch mit „Leben“ gefüllt wird, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Aktuelle IT-Lösungen zur Befüllung der ePA auf dem Markt sind in der Handhabung für Arztpraxen oder Krankenhäuser noch keine Routine.

Der aktuelle Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach möchte mit seiner im März 2023 vorgestellten Digitalisierungsstrategie dies in naher Zukunft ändern, sodass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung über eine ePA verfügen wird. Ob dies gelingen wird, bleibt noch abzuwarten.

Kommunikation im Medizinwesen (KIM)

Patient nutzt TI-Anwendung auf Smartphone

Anwendungen mit Mehrwert für Patient:innen

TI-Messenger (TIM)

Was WhatsApp jeden ist, soll TIM für Heilberufler:innen des deutschen Gesundheitswesens werden. Zum einen sollen die leistungserbringenden Heilberufler:innen sich über Patient:innen vertraulich per Chat sicher austauschen können. TIM verschlüsselt dabei die Kommunikation zuverlässig. Die Einführung von TIM ist für das 2. Quartal 2023 vorgesehen. Der Betreiber der TI (gematik) plant ab dem 3. Quartal 2024 TIM  auch für gesetzlich Krankenversicherte zu öffnen, sodass vertrauliches Chaten mit beispielsweise Hausärzt:innen und Patient:innen ermöglicht wird.

Große Ziele erfordern eine große Verantwortung

Diese vorgesehenen TI-Anwendungen sind ambitionierte Ziele. Doch die Einführung solcher Anwendungen erfordert eine stabile sichere TI mit einer mindestens 99,9-prozentigen Verfügbarkeit. Leider war dies bisher nicht immer der Fall, wie ich Euch im nächsten Teil der Blogserie berichten werde.

Einzelnachweise

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